Gründung und hochschulpolitische Etablierung der PLUM
Im Rahmen eines dezidierten Widerstands gegen das UG 2002 (Universitätsgesetz 2002, den schwarz-blauen reaktionären Gegenentwurf zum die Universitätsdemokratie absichernden Universitätsorganisationsgesetz UOG 1975) und gegen dessen über den neuen Organisationsplan und den Entwicklungsplan betriebene Umsetzungsversuche an der Universität Wien gelang mir im Jänner 2004, gemeinsam mit dem Philosophieprofessor und Germanisten Herbert HRACHOVEC eine Plattform des hochschulpolitischen Widerstands zu gründen, die auf meinen Vorschlag die Bezeichnung „PLUM“ (Plattform universitäre Mitbestimmung) annahm. Die PLUM fand insbesondere dadurch gesamtösterreichische Bekanntheit, dass sich die APA (Austria Presse Agentur) und die österreichische Qualitätspresse sehr rasch für die zahlreich veranstalteten PLUM-Podiumsdiskussionen und Pressekonferenzen interessierte und entsprechende Berichte veröffentlichte. Besondere Beachtung fanden hierbei die 2005 veranstalteten Podiumsdiskussionen zur studienrechtlichen Umsetzung des Bologna-Prozesses ( Link: Bologna-Prozess ) sowie zum neuen Entwicklungsplan an der Universität Wien ( Link: Verplante Entwicklung ), bei denen übrigens strengstes „Mehlspeisenmitnahme- und Konsumierungsverbot“ aus einem vorangegangenen Anlass verhängt wurde.
Ihren größten hochschulpolitischen Erfolg hatte die Plattform PLUM jedoch bereits im Februar 2004 mit ihrer Durchsetzung eines revidierten Organisationsplans erreicht, der entgegen den ursprünglichen Vorhaben des Rektors und des Senats die in schwierigen, aber dennoch kurzzeitigen Verhandlungen durchgesetzte Einrichtung von Fakultätskonferenzen und Studienkonferenzen mit klar geregelten Mittelbau-und Studierenden-Paritäten vorsah ( Link: Der Standard 04-02-25, Seite 7 , Link: Der Standard 04-03-12, Seite 10 ). Vor der Durchsetzung dieser dezidiert vorgetragenen Forderungen ( Link: Kurier 04-02-19, Seite 3 ) hatte bereits ein Teil der radikalisierten Studierenden durch einen gut gezielten Tortenwurf auf den Rektor ( Link: Die Presse, 04-01-22, Titelseite ) ein medienwirksames Statement zur geplanten Entdemokratisierung der Universität Wien abgegeben. Die PLUM hatte auf Mittelbau- und ProfessorInnenebene unter dem Motto „Wir müssen das nicht mögen“ einen nichtmateriellen, aber gleichfalls „beispiellosen Widerstand“ gegen die „verwin(c)k(l)elte Gremienentsorgung“ der Universität Wien über einen neuen retrospektiven und regierungshörigen Organisationsplan angekündigt.
Die nächste Phase des organisierten Widerstands richtete sich gegen die erkennbare ökonomistische Übersteuerung des neuen Entwicklungsplans der Universität Wien, der auch das Vorhaben einer deutlich unterfinanzierten Umsetzung der Bologna-Studienarchitektur an der größten Universität des Landes enthielt. Hier schaffte es der Bericht von der PLUM-Podiumsdiskussion zum neuen Entwicklungsplan sogar auf die Titelseite des „Standard“ ( Link: Der Standard 05-03-05, Titelseite ). In dieser Auseinandersetzung konnte die PLUM allerdings auch schon mit der teilweisen Unterstützung des Senats rechnen, in dem bereits Herbert HRACHOVEC als PLUM-Vertreter zu wirken begonnen hatte.
Der Widerstand gegen eine vom Rektorat betriebene regierungsfreundliche Universitätspolitik seitens des Senats erhöhte sich im Jahre 2006 deutlich, als der Weltrang-Germanist und zum „Wissenschaftler des Jahres 2007“ gekürte Wendelin SCHMIDT-DENGLER bei den Senatswahlen 2006 die bisher wenig fortschrittliche Professoren-Einheitsliste des Senats aufbrach und eine die PLUM unterstützende Kritische Liste von Professorinnen und Professoren mit zwei Mandaten in den Senat brachte ( Link: Der Standard 06-04-01, Seite 9 ). In diesem Kontext wurde auch die hochschulpolitische Vorbereitung der Änderung der Senatsparitäten zugunsten des Mittelbaus vorangetrieben, der nach dem UG-Änderungsgesetz 2009 bis heute im Senat durch die doppelte Anzahl von 4 Mandaten vertreten ist (Anteilskorrektur von 10:2 auf immerhin 9:4), wovon die Mehrheitsfraktion PLUM mit Wählerstimmenmehrheit bis heute zwei Mandate der Mittelbauvertretung hält.
Die von der PLUM veranstalteten Podiumsdiskussionen widmeten sich nach 2010 der Revision des evaluierten Organisationsplans der Universität sowie der Reform der STEOP-Bestimmungen im UG 2002. In einer viel beachteten Podiumsdiskussion „Organisationsplan neu: Erwartet uns eine Redemokratisierung der Universität Wien?“ wurden am 26. Mai 2010 weitere Verbesserungen des Organisationsplans vorgeschlagen, die in der Folge in Teilen umgesetzt werden konnten. Der folgende Mitschnitt von Auszügen dieser Diskussionsveranstaltung bietet einen Überblick über die Vielfalt der teilweise deutlich konträr vorgetragenen Argumente:
Übertroffen wurde die Breitenwirkung dieser PLUM-Podiumsdiskussion allerdings durch die am 22. November 2011 folgende Diskussionsveranstaltung „Stolperstein STEOP? Zur Neuregelung des Studienzugangs an der Universität Wien“, die eine hohe Resonanz in der österreichischen Medienlandschaft fand und hier gleichermaßen in Auszügen nachverfolgt werden kann:
Nach dieser Podiumsdiskussion brachte sogar das Massenblatt „Heute“ einen kurzen Beitrag zur PLUM-Position:
Relevanter für die Veranstaltungsfolgen war jedoch eine an mich gerichtete Einladung der Tageszeitung „Die Presse“, einen Gastkommentar zu den Anstößigkeiten der STEOP zu verfassen, der am 12. Dezember 2011 veröffentlicht wurde und somit auch die konservativen Eliten unseres Landes erreichte ( Link: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/715869/Uni-Wien_Lebenslaenglich-fuer-ein-Stolpern ). Im März 2012 erhielten wir dann einen Anruf aus dem Ministerbüro, aus dem uns ein stolzer Ministersekretär mitteilte, auch die Botschaften der PLUM wären dort „angekommen“ und der Bundesminister bereite zwar nicht unter dem „unverständlichen“ Druck der Studierenden, wohl aber unter dem Gewicht der vorgetragenen Argumente der Lehrenden eine Änderung des § 63 und des § 66 UG 2002 vor. Ein Jahr später eleminierte das 52. BG vom 20. März 2013 tatsächlich die von uns als „staatsdelinquente Entgleisungen des UG 2002“ beurteilten Studienzulassungs-Verbotsbestimmungen, an deren Umsetzung sich unsere Lehrenden mit ausgeprägterem ethischen Hintergrund nicht beteiligen wollten. Der PLUM war also nicht nur eine Redemokratisierung der Organisationsstrukturen der Universität Wien gelungen, sondern darüber hinaus auch eine österreichweite Akzeptanz ihrer hochschulpolitischen Demokratisierungsbemühungen. Doch auch die Zeit danach war bestimmt von Bemühungen der PLUM um einen weiteren Ausbau der universitären Mitbestimmung, wobei die Forderung nach einer deutlichen Aufwertung der von der PLUM durchgesetzten Fakultäts- und der Studienkonferenzen im Vordergrund stand. Allerdings sah sich die PLUM hierbei mit einer zunehmenden professoralen Gegenreaktion im Senat konfrontiert, die auch in einem weiteren meinerseitigen Gastkommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ im Fokus der Kritik des Jahres 2012 stand (Gastkommentar „Die Universität Wien neu organisieren.“ In: Die Presse, 30. Juli 2012, 10. ( Link: http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/1271687/Gastkommentar_Die-Universitaet-Wien-neu-organisieren ).
Seither hat die Plattform PLUM ihre Position auch an der Universität Wien zunehmend ausbauen können. Bis heute finden ihre hochschulpolitischen Anliegen im Senat, im Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal, in den Fakultätskonferenzen und in den Studienkonferenzen eine breite Zustimmung und Unterstützung der Kollegenschaft, die auch in nahezu allen dortigen Wahlen seit ihrer Gründung zum Ausdruck gebracht wurde.
(Karl Ille)
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